38 neue kommunale Stromanbieter im Test
38 Unternehmen in kommunaler Hand sind seit 2006 in Nordrhein-Westfalen in den lokalen Stromvertrieb eingestiegen. Knapp die Hälfte dieser Stadtwerke ist auch erst innerhalb dieser zehn Jahre gegründet worden. Die Verbraucherzentrale NRW hat die jungen Stromanbieter in Städte- und Gemeindebesitz jetzt auf den Prüfstand gestellt.
"In unserer Anbieterwechselberatung zeigen viele Verbraucher Interesse an einem örtlich verankerten Stromlieferanten", berichtet Christina Wallraf, Referentin Energiemarkt bei der Verbraucherzentrale NRW. "Die Nachricht von einem neuen Stadtwerk regt viele Stromkunden überhaupt erst zum Nachdenken über einen Wechsel an." Insofern sei das Aufkommen der Anbieter zu begrüßen.
Wie stark die örtliche Verankerung allerdings tatsächlich ist, ist von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. So sind nur drei der 38 Unternehmen im 100-prozentigen Besitz einer einzelnen Kommune. Alle anderen haben mindestens einen weiteren Gesellschafter. Dies sind meist benachbarte Kommunen oder deren Stadtwerke. Auch größere, überregionale Stromanbieter halten aber bei gut 40 Prozent der Unternehmen Anteile. So ist an knapp jedem vierten der untersuchten Unternehmen (24 Prozent) der RWE-Konzern mit Anteilen zwischen 12,46 und 45 Prozent beteiligt. Die Gelsenwasser AG hält Anteile an gut jedem sechsten Anbieter, oft von 49 oder 50 Prozent. "Die Gewinne eines Stadtwerks kommen somit nicht unbedingt nur der Kommune zugute – auch wenn die Unternehmensdarstellung im Internet das oft nahelegt", erklärt Wallraf.
Die Expertin rät Interessierten zur eigenen Recherche. In gut der Hälfte der Fälle, bei 20 Unternehmen, stehen die genauen Anteilsverteilungen auf den Firmen-Webseiten. Bei weiteren neun sind zumindest die Namen aller Gesellschafter genannt. Die restlichen neun aber legen ihre Gesellschafterstruktur online gar nicht offen.
Durchweg punkten können die neuen kommunalen Stromanbieter bei den Voraussetzungen für persönlichen Service: Alle 38 Unternehmen haben eine Anlaufstelle vor Ort.
Ein uneinheitliches Bild ergibt sich bei den Tarifbedingungen. Hier liefern die untersuchten kommunalen Unternehmen nicht automatisch besondere Fairness, auch wenn fast die Hälfte von ihnen (45 Prozent) damit wirbt. Nur 13 Versorger (34 Prozent) haben Vertragskonditionen für einen flexiblen Anbieterwechsel, wie ihn die Verbraucherzentrale NRW fordert: mit Tarifen mit maximal einem Jahr Vertragslaufzeit, höchstens einem Monat Folgelaufzeit und einer Kündigungsfrist von maximal vier Wochen. 17 weitere Unternehmen erfüllen diese Anforderungen teilweise oder annähernd, acht aber verfehlen diese weitgehend oder vollständig.
Mit Blick auf die Preise sagt Wallraf: "Reine Sparfüchse werden die meisten neuen kommunalen Anbieter nicht von sich überzeugen können." Kunden mit 3.600 kWh Jahresverbrauch könnten beim Wechsel zu einem Tarif mit verbraucherfreundlichen Bedingungen bei anderen Anbietern im Schnitt mehr als drei Mal so viel sparen. "In drei Orten würden diese Kunden beim Wechsel aus dem günstigsten Tarif des Grundversorgers zum neuen Stadtwerk sogar noch draufzahlen", berichtet Wallraf. Dennoch ermöglichten die neuen kommunalen Anbieter in manchen Orten auch durchaus passable Einsparungen, so dass sich eine Prüfung in jedem Fall lohne.
Mehr zum Check der neuen kommunalen Stromanbieter samt unternehmensscharfen Ergebnissen gibt es unter www.verbraucherzentrale.nrw/kommunale-stromanbieter.
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wiedergibt.
(Text: Verbraucherzentrale NRW | Foto: Archiv)
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