Wirtschaftswachstum füllt Gemeindekassen
Minden-Lübbecke -
Nach wie vor ist die derzeitige Lage der Wirtschaft in Minden-Lübbecke gut, heißt es im Lagebericht der IHK für den Mühlenkreis. Das gilt auch für die Aussicht auf die nächsten Monate. Fast alle Prognoseinstitute haben ihre Erwartungen für das Jahr 2017 angehoben. Allerdings werden die Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln mit dem Ausland schwieriger. Die wirtschaftlichen und politischen Krisen in einigen Weltregionen erschweren das Geschäft unserer vom Export geprägten Wirtschaft. Die Internationalisierung von Produktionsprozessen und Lieferbeziehungen steigt stetig. Nichttarifäre Handelshemmnisse nehmen in vielen Teilen der Welt zu.
Immer weniger Arbeitslose
Positiv sind die geringe und weiter abnehmende Arbeitslosenquote, die vergleichsweise geringen Kurzarbeitsanmeldungen in Minden-Lübbecke und die geringe Anzahl der Unternehmensinsolvenzen sowie seit Februar 2016 der Anstieg der Gesamtumsätze des Verarbeitenden Gewerbes (außer im Juli und Oktober 2016 und im Februar 2017). Erfreulich ist auch die Zunahme der Gewerbeanmeldungen im Kreis Minden-Lübbecke um 4,6 Prozent auf 2.386 Anmeldungen im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr und die demgegenüber geringere Zunahme der Gewerbeabmeldungen um 3,8 Prozent auf 2.207.
Damit liegen 179 mehr An- als Abmeldungen vor. In Hille, Stemwede, (geringfügig) Petershagen und Rahden traten mehr Ab- als Anmeldungen auf. In den Jahren 2014, 2015 und 2016 lag das Verarbeitende Gewerbe (Betriebe mit 50 und mehr Beschäftigten) im Kreis Minden-Lübbecke bei der Beschäftigtenzahl und bei den Gesamt- und Auslandsumsätzen in Ostwestfalen hinter dem Kreis Gütersloh auf Platz zwei.
Stadt-Marketing hat Optimierungsbedarf
Das Schwerpunktthema dieses Lageberichtes dreht sich um „Slogans“. Slogans, Logos und Imagefilme gehören nicht zu den Kernaufgaben der Städte und Gemeinden. Sie können aber gezielt eingesetzt werden und schnell an Bedeutung gewinnen, wenn es darum geht, eine Kommune als attraktiven Arbeitsort oder als touristisches Ziel darzustellen oder das Zusammengehörigkeitsgefühl aller Ortsteile zu stärken. Die größte Wirkung entfalten sie mit einer großen Verbreitung, mit einer hohen Akzeptanz bei den örtlich ansässigen Betrieben und als Bestandteil von Gesamtkonzepten. Hier haben viele Städte und Gemeinden im Kreis Minden-Lübbecke noch Optimierungsmöglichkeiten.
Und es braucht einen Kümmerer, der nicht nur die Erstellung des Slogans begleitet, sondern die Einbindung wesentlicher Akteure einschließlich Wirtschaftsvertreter in den Erarbeitungsprozess, die Finanzierungsfragen, die Integration in andere Konzepte und letztendlich die Verbreitung vordenkt und die Umsetzung vorantreibt. Das ist nicht überall und durchgängig in allen Kommunen gegeben. Auch könnte von der Erarbeitung bis zur Verbreitung die Einbindung der Betriebe intensiver sein, denn schließlich geht es wesentlich auch um die Unterstützung der örtlichen Wirtschaft.
Der Beschäftigungsaufbau geht in sein zwölftes Jahr. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erwartet auf Bundesebene für 2017 insgesamt 350.000 neue Arbeitsplätze, vor allem bei den Gesundheitsdienstleistern, Bildungsdienstleistern, im Gastgewerbe und in der Industrie. Gleichzeitig bleibt der Fachkräftemangel aus Sicht der Betriebe das Top-Risiko.
Es fehlt an Fachkräften
Ob die Unternehmen ihre Einstellungspläne umsetzen können, ist zunehmend fraglich. Die Digitalisierung könnte zukünftig Fachkräfteengpässe mildern und es entstehen neue Berufsbilder und neue Arbeitsplätze, wobei andere Arbeitsplätze wegfallen. Die Bundesagentur für Arbeit stellt fest, dass der Anteil der Beschäftigten in Minden-Lübbecke in Berufen mit hohem Substituierbarkeitspotenzial (Arbeitsplätze, bei denen über 70 Prozent der Tätigkeiten automatisiert verrichtet werden können) durch neue Technologien der Arbeitswelt 4.0 in Minden-Lübbecke bei 17,5 Prozent liegt (NRW 15,6 Prozent). Offen ist, wann und in wie weit die Substituierbarkeitspotenziale durch unternehmerische Entscheidungen realisiert werden.
Der Lagebericht geht auch auf andere Themen wie beispielsweise den „Wirtschaftsbericht Nordrhein-Westfalen 2016“ des Landeswirtschaftsministeriums ein. Demnach zeichnet sich die Wirtschaftsstruktur von Ostwestfalen-Lippe durch einen relativ starken mittelständischen Industriebesatz aus, der deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt. Der Anteil der Beschäftigten in den Dienstleistungszweigen liegt dementsprechend unter dem Landesdurchschnitt.
Bei fast allen im Bericht genannten Indikatoren verlief die Entwicklung in Ostwestfalen-Lippe (OWL) besser als auf NRW-Ebene. So ging beispielsweise die Arbeitslosenquote in OWL zwischen 2005 und 2015 um 4,8 Prozentpunkte und in NRW um 4,0 Prozentpunkte zurück. Das Bruttoinlandsprodukt nahm zwischen 2004 und 2014 in OWL um 31,3 Prozent und in NRW um 26,1 Prozent zu. Im gleichen Zeitraum nahm die Bruttowertschöpfung in OWL im produzierenden Gewerbe um 0,2 Prozentpunkte zu und in NRW um 1,3 Prozentpunkte ab. Allerdings lag die Zunahme der Bruttowertschöpfung in OWL bei den Dienstleistungen bei 0,2 Prozentpunkten und in NRW bei 1,5 Prozentpunkten.
Brexit und die Folgen
Zum Brexit zeigen zwei Untersuchungen folgende Ergebnisse: Die deutschen Unternehmen sehen das größte Risiko eines vollzogenen Brexit darin, dass Handelsbarrieren wie beispielsweise zusätzlich benötigte Dokumente und Bescheinigungen und Zölle neu entstehen. Sie befürchten mehr längere Wartezeiten und Kontrollen an den Grenzen. Die aktuelle Geschäftslage wird noch halbwegs solide eingestuft, für die nächsten Monate erwarten die Betriebe jedoch deutlich schlechtere Geschäfte. Jedes zehnte Unternehmen plant eine Verlagerung von Investitionen aufgrund des Brexits von Großbritannien vor allem nach Deutschland oder in andere Länder des EU-Binnenmarktes.
Die deutschen Exporte in das Vereinigte Königreich sind im vergangenen Jahr um gut 3,5 Prozent zurückgegangen. Mit den anstehenden Verhandlungen bleiben die Unternehmen lange im Ungewissen über die zukünftigen Handels- und Investitions-Konditionen mit dem Vereinigten Königreich. Etwa 750.000 Arbeitsplätze in Deutschland hängen vom Handel mit dem Vereinigten Königreich ab. Deutsche Unternehmen haben Produktion und Betriebe in Großbritannien im Wert von 121 Milliarden Euro aufgebaut. Es gibt circa 2.500 Niederlassungen deutscher Firmen.
Gute Finanzaussichten für die Kommunen
Die Finanzaussichten für unsere Städte und Gemeinden im Kreis Minden-Lübbecke sind insgesamt und generell bei den Steuereinnahmen gut. Für die Jahre 2017 bis 2021 wird durchgehend jedes Jahr ein neuer Rekord der gesamtstaatlichen Steuereinnahmen und gesamtstaatlich ein weiterer Einnahmerekord bei den Gewerbesteuern erwartet. Für die Jahre 2017 bis 2021 werden jeweils zwischen 2,3 und 4,1 Milliarden Euro höhere Gewerbesteuereinnahmen als noch im November 2016 vorausgesagt.
Die Gesamtdifferenz zwischen den beiden Steuerschätzungen vom November 2016 und vom Mai 2017 beträgt für den Zeitraum 2017 bis 2021 insgesamt rund 16,6 Milliarden Euro höhere Gewerbesteuereinnahmen. Der Staat (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherung) erzielte mit 23,7 Mrd. Euro im Jahr 2016 den höchsten Finanzierungsüberschuss seit der deutschen Wiedervereinigung.
Nordrhein-Westfalen hat nach vorläufigen Zahlen erstmals nach 1973 seinen Haushalt mit einem Überschuss abschließen können. Die Gemeinden erwirtschafteten 2016 einen Finanzierungsüberschuss von 3,1 Milliarden Euro, etwas weniger als im Vorjahr. Die Finanzierungssituation des Gesamtstaates ist mehr als entspannt. Aus Sicht der Wirtschaft sollten die Überschüsse in einem ausgewogenen Verhältnis in Schuldenabbau, Steuersenkungen zur Förderung der privaten Investitionen und einen kräftigen Schub bei den öffentlichen Investitionen investiert werden. Die Städte und Gemeinden im Kreis Minden-Lübbecke sollten in den kommenden Jahren die Steuerschraube wieder zurückdrehen.
Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Köln entgehen dem Staat durch die demografische Entwicklung und die nachgelagerte Besteuerung der Renten im Jahr 2035 bereits 18 Mrd. Euro an Einnahmen aus der Lohn- und Einkommenssteuer. Die Trendwende bei der Bevölkerungsstruktur ist das Jahr 2024. Ab diesem Zeitpunkt schrumpft die Zahl der Einwohner innerhalb von rund zehn Jahren um etwa 700.000.
(Text: IHK | Foto: Archiv)
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