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Geplantes "Containerdorf" verunsichert Anwohner in Minderheide

Minden -

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Laut Wikipedia leben 3950 Menschen im Stadtteil Minderheide. Knapp 100 von ihnen versammelten sich gestern in der Kuhlenkampschule, um von der Verwaltung zu hören, wie sie sich eine Flüchtlings-Wohnanlage im Gewerbegebiet „Große Heide“ vorstellt. Zu der Informationsveranstaltung wurde kurzfristig geladen, nachdem in der letzten Woche Pläne für ein „Containerdorf“ bekannt geworden sind.

Nur betroffene Bürger waren geladen

Da in der Kuhlenkampschule nur wenig Platz zur Verfügung steht, wurden nur Bürger eingeladen, die in direkter Nachbarschaft wohnen. Aus der Verwaltung standen Bürgermeister Jäcke, der 1. Beigeordneter Kienzle, der Leiter der Gebäudewirtschaft Schunk sowie der 1. Polizeihauptkommissar Rodenberg Rede und Antwort.

Zunächst wurde den Zuhörern ausführlich erklärt, warum die Anlage in dieser Form notwendig ist. Die Fakten: Der Stadt Minden werden Flüchtlinge mit zumeist anerkanntem Flüchtlingsstatus zugewiesen. Diese müssen innerhalb der nächsten drei Jahre in Minden bleiben und natürlich auch wohnen. Da bei anerkanntem Status auch der Familiennachzug einfacher geregelt ist, kommen hier noch Menschen hinzu. Eine Prognose der Stadt geht davon aus, dass bis zu 700 Menschen in 2017 eine Unterkunft benötigen.

Wohnraum in Minden wird knapp

Da derzeit nicht genug Wohnraum zur Verfügung steht, muss kurzfristig eine Alternative geschaffen werden. In 2016 konnte die Stadt Minden noch 20 - 30 Wohnungen pro Monat anmieten, doch sind die Angebote stark zurück gegangen. Mittlerweile können nur noch 2 bis 8 Wohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt pro Monat gemietet werden. Diese Zahl reicht aber bei Weitem nicht aus den Bedarf zu decken.

Um das Problem zu lösen, wurden verschiedene Ansätze in Betracht gezogen. Für eine mobile Wohnanlage standen drei Standorte zur Verfügung, der Sportplatz Dützen, ein Gelände am Schwabenring und die „Große Heide“. Letzterer wurde als optimaler Standort in die Planung gebracht. Optimal sei das Gebiet, weil es schnell verfügbar und voll erschlossen ist sowie das Umfeld passt. Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten, Kindergärten und Schulen sind zwar nicht in unmittelbarer Nähe, aber durch öffentliche Verkehrsmittel gut zu erreichen. Die anderen Standorte würden sich für die Schaffung neuen Wohnraums eignen, da sie in Wohnbaugebiete gewandelt werden könnten.

Langfristig soll also neuer Wohnraum geschaffen werden, dazu hat die Stadt Gespräche mit den örtlichen Wohnungsbaugesellschaften geführt. Doch das lässt sich nicht so schnell realisieren, wie es benötigt wird. Aus diesem Grund hat sich die Stadt Minden entschieden eine mobile Wohnanlage zu errichten, die bereits im November oder Dezember zur Verfügung stehen kann.

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Ein wohnähnliches Gefühl mit Privatsphäre für die Geflüchteten

Auf dem 12600 qm Gelände, direkt am Anfang der Zufahrt zum Gewerbegebiet Minderheide (SBM, EDEKA, etc.) wird eine Wohnanlage in Containerbauweise für 150 Flüchtlinge entstehen. Bis zu 38 Wohneinheiten sind geplant. Eine Wohneinheit besteht aus 2 Zimmern mit ca. 30 qm inklusive Nasszelle und Kochnische, und soll 4 Personen ein wohnähnliches Gefühl mit Privatsphäre bieten.
Der 2-geschossige Bau wird zudem Gemeinschafts-, Wäsche- und Technikräume enthalten. Auch Büros für Sozialarbeiter und Hausmeister sind geplant.

Möglich wird die Wohnanlage in einem Gewerbegebiet, weil der Bund den Ländern und Städten per neuem Gesetz Nutzungsänderungen für einen begrenzten Zeitraum von 3 Jahren erlaubt.

Bürger kamen zu Wort

Nachdem alle Planungen vorgestellt wurden, kamen die Bürger zu Wort. Neben Fragen wie „Wer wird in die Unterkunft einziehen, allein reisende Männer oder Familien?“, „Was unternimmt die Polizei zur Gewährleistung der Sicherheit der Anwohner?“, „Warum ausgerechnet Minderheide?“, „Wie hoch sind die Kosten?“, „Wer bezahlt das?“, „Wird das Gelände am Ende der Benutzung wieder seinem ursprünglichen Zweck zugeführt?“ und „Kann die Anlage bei Bedarf vergrößert werden?“, gab es auch viele Wortmeldungen, die sich allgemein mit Ängsten vor Kriminalität, Übergriffen oder Vermüllung beschäftigten.

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Polizei werde verstärkt Präsenz im Umfeld der Unterkunft zeigen

Der 1. Polizeihauptkommissar Rodenberg sagte dazu, dass er Ängste verstehen könne, es aber keine belegbaren Zahlen in der Kriminalstatistik dazu gäbe. Im Umfeld der Mindener Flüchtlingsunterkünfte sei es zu keinem Anstieg der Kriminalität gekommen. Zum Vergleich wurde die Unterkunft in Hille herangezogen, auch hier gäbe es keinen nennenswerten Vorfälle. Die Polizei werde verstärkt Präsenz im Umfeld der Unterkunft zeigen und ein Sicherheitsdienst würde eingesetzt werden.

Der 1. Beigeordnete Kienzle führte aus, dass die Stadt Minden nicht wisse wer zugeteilt wird und demnach auch keine Auskunft darüber geben kann, ob Familien oder Einzelpersonen in die Unterkunft einziehen.

Bürgermeister Jäcke verdeutlichte, dass der Standort für dieses Vorhaben optimal sei und es in Minderheide noch keine Unterbringung von Flüchtlingen gibt. Bereits 1400 Menschen wurden im Stadtgebiet untergebracht, hier müsse man zudem eine gerechte Verteilung auf alle Stadtteile anstreben.

Containerdorf kann bei Bedarf vergrößert werden

Der Leiter der Gebäudewirtschaft Schunk erklärte, dass die Anlage bei Bedarf vergrößert werden könne, es dazu aber derzeit keine Planungen gibt. Ziel sei es langfristige Lösungen zu erarbeiten. Weiter hieß es, die Kosten für das gesamte Projekt lägen bei ca. 5,5 Millionen Euro. 70% würden vom Bund getragen.

Stadt sieht Chancen in guter Integrationsarbeit

Die Integrationsbeauftragte der Stadt Minden Arslan-Dolma unterstrich, dass Ängste bei der Integration nicht behilflich seien. Man müsse sein Herz öffnen, auf die Menschen zugehen und sie aktiv in unsere Gesellschaft integrieren. Minden hat dazu mehrere gute Angebote und kann auf die Hilfe ehrenamtlicher Kräfte zurückgreifen. Diese meldeten sich ebenfalls zu Wort und erklärten, dass man sich freue den Menschen in dieser schwierigen Zeit beistehen zu können.
Bürgermeister Jäcke machte erneut deutlich, dass die Integration auch Chancen für die heimische Wirtschaft bringe, die unter dem Wegzug junger Leute leide und keine Arbeitskräfte finde.

Teils verärgert und unter lautem Gemurmel verließen die Bürger die Veranstaltung.

(Text und Fotos: HALLO MINDEN, Luftbild vom Grundstück Große Heide © Geoservice der Stadt Minden)

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