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Poller sollen für mehr Sicherheit in der Innenstadt sorgen

Minden -

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Foto: Stadt Minden

Die Stadt Minden will die Sicherheit in der Innenstadt mit einem Verkehrskonzept, das die Installation von starren und automatisch versenkbaren Pollern beinhaltet, deutlich verbessern. Hintergrund ist zum einen der Schutz von größeren Menschenansammlungen insbesondere im Rahmen von Veranstaltungen, wo bislang zur Terrorabwehr behelfsmäßig Betonblöcke oder Wassertanks eingesetzt wurden. Zum zweiten soll mit der geplanten Lösung aber auch die stark frequentierte Fußgängerzone im Alltag abgesichert werden, das ist mit Betonblöcken nicht möglich. Mit der Erstellung der jetzt im Entwurf vorliegenden Planung für Minden wurde Mitte Oktober 2018 das Fach-Ingenieursbüro TSC aus Essen – nach Ausschreibung – beauftragt.

Das Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016 sowie die Anschläge in Spanien im August 2017, wo größere Menschenansammlungen im Alltagsgeschehen das Ziel von Terroristen war, haben den Ausschlag dafür gegeben, dass Städte aufgefordert wurden, die Sicherheit in Bezug auf mögliche Anschläge zu verbessern. Es hat hierzu einen Erlass - an die Polizei gerichtet – gegeben. Der Erste Beigeordnete Peter Kienzle zitierte in diesem Zusammenhang in einer Ausschusssitzung NRW-Innenminister Herbert Reul, der nach dem Anschlag von Barcelona gesagt hat, dass „wir alles Menschenmögliche dafür tun, um einen Anschlag zu verhindern.“ Mit den Pollern könne deutlich mehr Sicherheit und Aufenthaltsqualität in den Innenstädten geschaffen werden, fasst Kienzle zusammen.

Die Gefahr, dass Anschläge auf Veranstaltungen oder Menschenmengen verübt werden können, sei bekannt und daher müsse auch gehandelt werden, so Kienzle. Auch hätten die Amokfahrten im April 2018 in Münster mit zwei Toten und mehr als 20 Verletzten sowie in der Silvesternacht 2018 in Bottrop mit zwölf Verletzten gezeigt, dass es neben politischen auch anders motivierte Straftaten gebe, bei denen Kraftfahrzeuge wie eine Waffe eingesetzt würden. „Das dürfen wir nicht einfach ignorieren“, streicht der Erste Beigeordnete am 11. September in einer gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für Bürgerdienste, Sicherheit und Feuerschutz, des Ausschusses für Bauen, Umwelt und Verkehr sowie des Betriebsausschusses heraus. Er macht aber auch deutlich, dass es „absolute Sicherheit“ nicht geben könne.

Betonblöcke oder Wasserbehälter zur Absicherung von Veranstaltungen böten in keinem Fall die Sicherheit, die die geplanten Poller haben, antwortet Beigeordneter und Betriebsleiter der Städtischen Betriebe Minden, Peter Wansing, auf eine Frage eines Ausschussmitglieds. Darauf wurde in der Vergangenheit von Veranstaltern und Bürgern immer wieder hingewiesen. Versetzt aufgestellte Blöcke haben darüber hinaus den Nachteil, dass sie auch bei einem Einsatz die Fahrzeuge von Feuerwehr, Polizei und zum Krankentransport verlangsamen, was natürlich ein unerwünschter Effekt sei. Die versenkbaren Poller dagegen können bei der Anfahrt eines Feuerwehr- oder Rettungsfahrzeugs digital oder per Funk angesteuert und sofort runtergefahren werden.

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Foto: Christoph Doll (Ingenieurbüro TSC)

An den Rändern der Mindener Fußgängerzone sind sechs Standorte mit versenkbaren Pollern vorgesehen. Kleine Straßen sollen an 14 weiteren Standorten mit starren Pollern abgesichert werden. Die Poller haben drei verschiedene Sicherheitsklassen und können in der höchsten Klasse einen mit 80 Kilometern pro Stunde fahrenden Lastwagen (7,5 Tonnen), der frontal auf das Hindernis zusteuert, aufhalten. „Der Lkw wird total zerstört und der Poller bleibt unbeschädigt“, beschreibt Fachmann und Diplom-Ingenieur Christoph Doll das Szenario. So ein Poller wiege 400 bis 500 Kilogramm und sei in einem 1,5 Meter tiefen Betonbett im Boden verankert, erläutert Doll.

Als „Nebeneffekt“ soll mit der Installation von Pollern aber auch die Zufahrt in die Fußgängerzone außerhalb der Lieferzeiten geregelt werden, was zu einer wesentlichen Verbesserung der Aufenthaltsqualität für alle in der Fußgängerzone führt. „Regelmäßig beobachten wir, dass Autos und auch Lastwagen unbefugt in die Fußgängerzone fahren. Sie können damit jederzeit auch Fußgänger*innen gefährden“, macht Erster Beigeordneter Peter Kienzle deutlich. Außerhalb der Lieferzeiten wollen Fußgänger und spielende Kinder darauf vertrauen können, sich ungefährdet von Kraftfahrzeugen bewegen zu können. Die Beschränkung der Befahrbarkeit der Fußgängerzone auf die „sehr großzügigen Lieferzeiten“ morgens von 6 bis 10 Uhr und abends von 18 bis 22 Uhr würde häufig nicht beachtet – auch weil es derzeit von vielen Punkten aus jederzeit möglich ist, in die Fußgängerzone hineinzufahren, weiß die Leiterin des Bereiches Sicherheit und Ordnung, Annette Ziegler. Das könne nicht alles ständig überwacht werden.

Die Feuerwehr erhält über den neuen und sehr sicheren Digitalfunk die Möglichkeit zur Steuerung der Anlage. Sie kann auch in einem Notfall oder einer Katastrophenlage alle Poller ad hoc hochfahren oder senken. Rettungsdienst sowie Ver- und Entsorgungsfahrzeuge sollen mit einem Transponder-Chip ausgerüstet werden und können so die Poller senken und wieder hochfahren. Die dritte Möglichkeit der Zufahrt besteht über das Mobilfunknetz. Ein Fahrzeug, das über eine Ausnahmegenehmigung zur Einfahrt außerhalb der Lieferzeiten verfügt, kann den Poller „anrufen“. Dieser senkt sich aber erst, wenn die Mobilfunknummer des Fahrers im System entsprechend hinterlegt ist. Das steuert die Ordnungsbehörde.

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Foto: Christoph Doll (Ingenieurbüro TSC)

Geschäftstreibende und Anlieger wurden am vergangenen Donnerstag (12. September) über das Verkehrskonzept und die Installation der Sicherheitspoller informiert. Von den Anwesenden wurde das vorgestellte Konzept durchweg sehr positiv aufgenommen. Eine Anregung aus dem Publikum war unter anderem, dass in das Konzept auch der Johanniskirchhof mit aufgenommen werden sollte. Der Erste Beigeordnete Peter Kienzle sicherte zu, dass das in die politische Beratung mitgenommen wird. Was passiert wenn ein Geschäft außerhalb der Lieferzeiten beliefert werden muss? Annette Ziegler sagte dazu, dass in diesem Fall die Ordnungsbehörde der Stadt Minden die richtige Ansprechpartnerin sei. Hier werde geprüft, ob es ein berechtigtes Interesse zum Befahren der Fußgängerzone gibt. Wird eine Ausnahmegegehmigung erteilt, bekommt der Antragsteller eine abgesicherte Telefonnummer zur Polleröffnung.

Politisch zu diskutieren ist nun neben der eigentlichen Konzeption der Polleranlagen auch beispielsweise, ob es Karenzzeiten für die Ausfahrt nach 10 Uhr beziehungsweise 22 Uhr geben soll. Zudem ist zu entscheiden, ob es Kameras an den Anlagen mit den beweglichen Pollern geben soll oder nicht. An Kosten für das Gesamtpaket hat das Büro TSC rund 1,05 Millionen Euro berechnet. Jährlich kommen hier noch Kosten für die Wartung und den Strom hinzu. Diese bezifferte Christoph Doll auf Nachfrage mit 5.000 bis 10.000 Euro pro Anlage mit versenkbaren Pollern, von denen es dann sechs Standorte gäbe. Auf der anderen Seite entfällt dann künftig für Veranstaltungen in der Innenstadt der Aufwand, der im Zusammenhang mit den Betonblöcken und den Wassertanks entsteht.

(Text: Stadt Minden)

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