Vital und sicher: Training zur Sturzprävention
Minden-Lübbecke -
Wie ist es möglich, Männer für ein Programm zur Sturzprophylaxe zu begeistern? Welche besonderen Bedingungen brauchen Frauen, um sich in Trainings zur Sturzprävention wohlzufühlen? Ist es erfolgversprechender, diese Kurse geschlechtergetrennt oder geschlechtergemischt anzubieten?
Diese Fragen stellte sich der Arbeitskreis Geschlechtergerechte Gesundheit der Kommunalen Gesundheits-, Alters- und Pflegekonferenz. Dieser Arbeitskreis setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern der Krankenkassen, des Kreissportbundes, der Seniorenvertretungen sowie von Politik und Verwaltung des Kreises Minden-Lübbecke. Stürze im Alter können erhebliche Folgen haben: Für die Betroffenen bedeuten sie häufig starke Schmerzen und weitere gesundheitliche Folgeprobleme, für die Kassen entstehen zum Teil erhebliche Kosten. Daher ist es im Interesse aller, Stürze möglichst zu vermeiden.
In der Zeit von März bis Mai 2016 wurden unter Anleitung der Trainerin Barbara Lange drei Kurse durchgeführt; einer nur für Männer, einer nur für Frauen und einer für Männer und Frauen zusammen. Die Gesamtzahl der Anmeldungen für die 45 Teilnahmeplätze betrug 71 Personen, davon 40 Männer, die sich ganz überwiegend für den reinen Männerkurs interessiert haben. Dies allein ist schon ein bemerkenswertes Ergebnis, da bei anderen Anbietern Männer nur äußerst schwierig und eher vereinzelt für Sturzprophylaxe-Trainings zu gewinnen sind. Der Altersdurchschnitt in den Kursen betrug bei den Männern 78,5 Jahre (der älteste Teilnehmer war 91 Jahre alt!), bei den Frauen 74 Jahre und im gemischtgeschlechtlichen Kurs 71,5 Jahre. Das Alter übt einen wesentlich größeren Einfluss auf den Fitnesszustand aus als das Geschlecht.
Folgende Beobachtungen wurden unter Einbezug der Geschlechterperspektive gemacht: Viele Frauen fühlen sich nur unter Frauen sicherer. Männer haben eher Interesse an rationalen Erklärungen (zum Beispiel „warum wird diese Übung so durchgeführt?“), sie fragen bei der Kursleiterin direkt nach oder recherchieren selber. Frauen hören eher auf ihren Körper, sie brauchen nicht so viele Erklärungen. Entspannungsübungen wurden im reinen Männerkurs zunächst abgelehnt, später war es jedoch möglich, sich darauf einzulassen. Entgegen den verbreiteten Vorurteilen haben die Männer mehr miteinander kommuniziert und eher Kontakt zueinander gefunden. Eine zutreffende Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit hat im Frauen- und gemischtgeschlechtlichen Kurs besser stattgefunden. Im reinen Männerkurs wurden die Leistungsgrenzen eher einmal überschritten.
Die Übungen, die in den Kursen durchgeführt wurden, waren nahezu identisch. Die Vermittlung wurde jedoch auf die Geschlechterzusammensetzung angepasst. Bei den Männern standen Aufgabenerledigung und Zielerreichung im Vordergrund. Frauen lassen sich eher auf Übungen ein nach dem Motto „der Weg ist das Ziel“.
Zusammengefasst lassen sich folgende Punkte herausstellen, die für eine geschlechtergerechte Ansprache und Umsetzung von Bedeutung sind: bei der Kursausschreibung müssen Inhalte, Sprache und Bilder auf die Zielgruppe abgestimmt sein. Bei der Durchführung ist entsprechendes Hintergrundwissen über geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Trainerin oder dem Trainer erforderlich. Kurse sollten sowohl geschlechtergetrennt als auch geschlechtergemischt angeboten werden.
Die Kurse werden durch Studierende der Universität Bielefeld evaluiert, so dass demnächst noch detailliertere Ergebnisse erwartet werden. Das Anliegen des Arbeitskreises Geschlechtergerechte Gesundheit ist es, dieses bisher in Minden durchgeführte Angebot kreisweit zu installieren. Hierfür werden Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden gesucht, wie zum Beispiel Seniorenbeiräte, Sportvereine, Krankenkassen, Bildungsträger usw. Wichtig ist, dass es nicht bei einem einmaligen Angebot bleibt, sondern langfristige Trainingsmöglichkeiten geboten werden sollten. Hierfür können Kooperationen verschiedener Institutionen sinnvoll sein.
Für weitere Informationen steht zur Verfügung:
Andrea Strulik, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Minden-Lübbecke, Telefon 0571 807 24210 oder a.strulik@minden-luebbecke.de
(Text und Foto: Andrea Strulik/ Kreis Minden-Lübbecke)
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