Online-Magazin für Minden und Umgebung

Zwei Mindener Hit-Produzenten im Interview

Minden -

Zwei Mindener Hit-Produzenten im Interview

Foto: Die Brüder Ricco (27) und Toni Schönebeck (33) sind auch bekannt als die Hitnapperz. (© Artur Wiens)

Das Minden auf der großen musikalischen Landkarte einen festen Platz hat, sollte den meisten durch das Wirken von Rapper und Multitalent Curse bekannt sein. Doch auch hinter den Kulissen brodelt die musikalische Suppe nun gewaltig: Die Mindener Brüder Ricco (27) und Toni Schönebeck (33) bilden gemeinsam das Produzenten-Team „Hitnapperz“ und sind unter anderem für das aktuelle Curse Album „Die Farbe von Wasser“ und die neue Hit-Single der Fantastischen Vier (feat. Clueso) „Zusammen“ verantwortlich. Wir haben uns mit den Brüdern in ihrem Mindener Studio für ein ausgiebiges Interview getroffen.

HaMi: Zuerst einmal einen großen Glückwunsch zu den aktuellen Produktionen, die man schon als große Erfolge verbuchen kann. Wie geht es euch jetzt damit?

Toni: Vielen Dank. Wir sind natürlich sehr zufrieden und freuen uns darüber, dass unsere Musik so gut ankommt. Das ist für uns ein absoluter Motivationskick!
Ricco: Es ist eine super Erfahrung für uns. Die ganze harte Arbeit der letzten Jahre wird gerade deutlich sichtbar.

HaMi: Könnt ihr euch bereits etwas auf dem Erfolg ausruhen?

Ricco: Niemals! Jetzt geht’s gerade erst los!
Toni: Genau, wir können und vor allem wollen wir uns nicht ausruhen, denn wir machen gerade genau das, was wir absolut lieben.

HaMi: Lasst uns etwas weiter am Anfang eurer persönlichen Geschichte beginnen. Ricco, wann und wie hast du damit begonnen Musik zu machen?

Ricco: Das ging bei mir während der Schulzeit los. Ich habe angefangen mit Kassetten- und Radioaufnahmen zu experimentieren. Es waren die ersten Gehversuche. Es ging mir damals weniger um die Musik, die Technik hat mich mehr begeistert. In der 9. Klasse habe ich ein Schülerpraktikum in einem Tonstudio absolviert. Das war wahrscheinlich der Moment, bei dem man sagen könnte, dass es bei mir mit Musik losging. Anfangs war es nur ein kleines Hobby, aber während meines Studiums habe ich mich schon sehr intensiv mit Musik beschäftigt.

Zwei Mindener Hit-Produzenten im Interview

Foto: In diesem Mindener Musikstudio entstehen die Songs der Hitnapperz.

HaMi: Wie hast du die Liebe zur Musik für dich entdeckt, Toni?

Toni: Ich war noch ein Kind, als ich 1996 mit dem Breakdance angefangen habe. Das war für mich nicht nur das „Tanzen“, es war mein persönlicher Einstieg in die Hip Hop Kultur. Natürlich ist Breakdance sehr eng mit Musik verknüpft, die man zum breaken braucht. So begann ich mich schon recht früh für Musik zu interessieren und mich mit ihr auseinanderzusetzen.

HaMi: Du hast auch sehr erfolgreich getanzt und bist bis heute in der Breaker-Szene ein bekannter Tänzer. Kannst du uns ein paar Highlights aus dieser Zeit nennen?

Toni: Damals war bei mir wirklich viel los. Ich war auf der ganzen Welt unterwegs, habe u.a. in Amerika und Südkorea gebreakt, verschiedene Battles gewonnen, darunter auch das nationale „Battle Of The Year“ (Anm.d.Red.: Das Battle of the Year (abgekürzt BOTY) ist der größte, jährlich stattfindende, internationale Breakdance-Wettbewerb) und war Jury-Mitglied beim internationalen BOTY. Zu der Zeit war ich der einzige B-Boy (bedeutet „Breakdance-Boy / Tänzer“), der über 30 Mal den 1. Platz bei verschiedenen Wettbewerben erreicht hat.

HaMi: Das sind schon zwei komplett unterschiedliche Wege, die ihr gegangen seid. Wie habt ihr zu einander gefunden?

Toni: Dadurch, dass wir Brüder sind und im selben Haushalt aufgewachsen sind, mussten wir gar nicht zu einander finden, wir waren es bereits. Wir waren schon immer von Musik umgeben, haben gemeinsam viel experimentiert und haben uns da gegenseitig gepusht. Später hat sich unsere Form der Zusammenarbeit verändert.

HaMi: Inwiefern hat sich eure Zusammenarbeit verändert?

Ricco: Was das produzieren von Beats angeht haben wir anfangs eher jeder für sich gearbeitet und im Anschluss die Arrangements zusammen ausgefeilt. Zu der Zeit haben wir wirklich viel experimentiert und verschiedenste Sachen einfach ausprobiert. Heute gestalten wir den ganzen Prozess der Entstehung von Musik gemeinsam. Wir arbeiten viel zielorientierter und konzentrieren uns nicht nur auf die Musik, sondern auch auf die Künstler, mit denen wir letztendlich zusammenarbeiten.

Zwei Mindener Hit-Produzenten im Interview

Foto: Der Name „Hitnapperz“ ist übrigens mehr oder weniger spontan entstanden, als Toni mit seinem Trainingspartner gebreakt hat.

HaMi: Von der Idee bis zum fertigen Musikstück - Wie läuft das bei euch ab?

Toni: Die Ideen kommen spontan und eigentlich überall, zum Beispiel auch einfach Zuhause. Wir sammeln diese Ideen, in Form von "Musik-Fetzen“, dafür haben wir eigens eine Datenbank angelegt, um diese später im Studio zu finalisieren und für einen konkreten Song zu verwenden. Meistens arbeiten wir erst an einem Beat, wenn klar ist, für welchen Künstler er bestimmt ist. Das ist aktuell unsere Arbeitsweise.
Ricco: Zudem macht diese Arbeitsweise unseren Sound aus. Wir bedienen uns nicht an Loop-Sample-Packs, was möglich und legitim wäre, sondern kreieren unsere eigenen Musikstücke oder arbeiten mit anderen Musikern aus unserem Umfeld zusammen.

HaMi: Ihr habt bis dato nicht nur mit Curse und den Fantastischen Vier gearbeitet, sondern habt davor auch schon sehr viele Songs im Hip Hop Genre produziert. Wie kommen diese ganzen Zusammenarbeiten zustande?

Ricco: Das ist unterschiedlich. Durch unsere jahrelange Arbeit mit Underground-Künstlern haben wir uns einen guten Namen in der Szene gemacht. Oft kommen die Künstler oder deren Manager direkt auf uns zu. Oder es gibt Menschen, wie Curse, die einen dann helfen, wie soll ich sagen, die Treppenstufen hoch zu steigen.
Toni: Treppenstufen hoch steigen, aber nicht Klinken putzen (lacht). Es ist so wie Ricco es sagt, durch unsere Arbeit haben wir uns einen gewissen Ruf aufgebaut. Da wir mit verschiedenen Künstlern arbeiten, ist der Kontakt oft unterschiedlich.

HaMi: Worauf legt ihr besonderen Wert bei eurer Arbeit?

Ricco: Vor allem auf unsere Arbeitsweise. Wir produzieren gerne Musik, die auf die jeweiligen Künstler zugeschnitten ist.
Toni: Und wir legen sehr viel Wert auf Details in unserem Sound. Das ist uns wichtig! Manchmal basteln wir beispielsweise ziemlich lange an nur einem Sound. Aber genau das macht es aus, der Sound muss hundertprozentig sitzen, sonst stimmt das Ergebnis nicht. Dazu kommen noch Sachen, die nicht direkt was mit der Musik zu tun haben, aber offenbar an uns geschätzt werden. Wir sind verlässlich und pünktlich. Ich glaube das ist nicht so selbstverständlich, wie man es meinen möchte.

HaMi: Ihr habt das aktuelle Curse Album „Die Farbe von Wasser“ maßgeblich mitproduziert. Wie kam das zustande? Kam es dazu, weil ihr aus der gleichen Stadt kommt?

Toni: Ich kenne Curse schon seitdem ich angefangen habe zu Breaken. Curse lebt in Berlin und hatte uns zu diesen Zeitpunkt als Produzenten noch nicht auf dem Schirm. Er kannte zwar einige Produktionen von uns, aber Germany (Italo Reno & Germany), Mitglied von Alles Real Records (ehem. Label von Curse), hat ihn nochmal auf uns aufmerksam gemacht. Das war kurz erklärt der Anfang. Wenig später kam er uns im Studio besuchen. Geplant war dieses erste Treffen für einen Tag, doch Curse blieb dann ein paar Tage länger. Das war auch der Startschuss für die Produktion des Albums.

HaMi: Könnt ihr noch mehr ins Detail gehen oder ist das geheim?

Ricco: (lacht) Doch, das können wir. Wir haben viel Zeit miteinander verbracht, waren auch unterwegs für einige Besuche in Berlin und natürlich auch im Mindener Studio. Das war eine wirklich spannende Zeit für uns, in der wir viel gelernt haben! Die Zusammenarbeit mit anderen Produzenten hat uns den musikalischen Horizont erweitert. Vorher waren wir eher als reine „Beat-Maker“ aktiv, aber bei diesem Album haben wir viel mehr gemacht; angefangen bei der Soundfindung, Aufnahmen, bis hin zum Ausarbeiten der Arrangements, uvm. Daher sind wir auch sehr stolz darauf, dass wir gemeinsam mit Curse und den anderen Beteiligten einen passenden Sound kreieren konnten. Das Album ist unser persönlicher Meilenstein. (Anm. d. Red.: Das Album „Die Farbe von Wasser“ stieg auf Anhieb auf Platz 2 der deutschen Album-Charts ein)

HaMi: Aktuell ist euer gemeinsamer Song mit den Fantastischen Vier und Clueso „Zusammen“ in den deutschen Medien verbreitet und entwickelt sich zum Hit. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Toni: Es war Curse, der uns hier gepusht hat. Während wir an seinem Album gearbeitet haben, kam er auf uns zu und fragte, ob wir nicht eine Idee hätten für einen Beat, der zu den Fantas passen könnte. Es war eher so eine unverbindliche Sache. Wir wussten nicht mal in welche musikalische Richtung das gesamte Album gehen sollte, eigentlich wussten wir zu diesem Zeitpunkt gar nichts, außer dass wir die älteren Songs der Fantas kannten.
Ricco: Da wir wirklich offen sind für neue Sachen, was dieses Projekt definitiv für uns war, haben wir zwei musikalische Ideen entwickelt. Curse hat dann unsere Ideen den Fantas gezeigt. Kurze Zeit später erhielten wir Rückmeldung, dass eine der Ideen passend ist und wir sie ausarbeiten können. So ging es dann zwischen DJ Thomilla (musikalische Leitung der Fantas) und uns hin und her, bis die kreative Entstehungsphase des Songs abgeschlossen war.

HaMi: Wusstet ihr da schon, dass es eine Singleauskopplung des Albums sein wird?

Ricco: Nein, das wussten wir absolut nicht. Irgendwann bekamen wir dann die Nachricht, dass der Song es auf das Album: Captain Fantastic (Release: 27.04.18) schafft und voraussichtlich eine Single wird.

HaMi: Das klingt wirklich spannend. Schritt für Schritt geht ihr euren eigenen Weg. Gibt es weitere Meilensteine, die vielleicht noch nicht so bekannt sind, die ihr uns aber verraten könnt?

Toni: Alles ging und geht seinen Weg, so auch wir. Seit einiger Zeit sind wir bei BMG in der Edition „The Heart Art“ im Verlag und sind natürlich auch dankbar für die ganze Unterstützung, die wir bekommen haben, sei es in der Arbeit mit Underground-Künstlern oder den Mainstream. Einen besonderen Dank sind wir Curse schuldig, er hat uns wirklich sehr gepusht und hat uns vieles ermöglicht. Unser Weg bleibt weiter spannend!

Zwei Mindener Hit-Produzenten im Interview

Foto: Von diesen zwei Brüdern wird man in Zukunft noch viel mehr hören. (© Artur Wiens)

HaMi: Hat sich euer Leben seit diesen Erfolgen verändert?

Ricco: Eigentlich nicht. Wir verbringen immer noch genau soviel Zeit mit Musik, wie vorher. Nur, dass wir jetzt viel reicher an Erfahrungen sind, die an unserem Standort nur schwierig zu erlangen sind.
Toni: Das Leben hat sich nicht verändert und wir übrigens auch nicht. Wir sind immer noch die zwei Dudes, die in der Mindener Innenstadt und Bärenkämpen aufgewachsen sind. Aber die Erfolge treiben uns auf jeden Fall an und motivieren uns umso mehr!

HaMi: Welche Projekte stehen bei euch jetzt in den Startlöchern?

Toni: Wir können da leider nicht so offen drüber sprechen, das ist eher die Aufgabe des Künstlers oder des Managements. Aber es kommen auf jeden Fall viele Produktionen, vom Underground-Rap bis hin zur Mainstream-Musik.

HaMi: Man muss schon sagen, dass ihr eine musikalische Familie seid. Zum Beispiel kennt man DJ Danny gerade in Minden und Umgebung sehr gut. Er ist seit Jahren ein gefragter Hip Hop DJ in unserer Region. Gibt es Pläne für ein "Family-Business"?

Toni: (lacht) Mit Danny hat tatsächlich alles angefangen. Damals hat er mich zu den ganzen Hip Hop Jams und Events mitgenommen. Das war der Anfang! Dann kam mein jüngerer Bruder Ricco dazu und nun ja, "Family-Business" ist es nicht, aber auf Familienfeiern können wir uns alle ganz gut über Musik unterhalten, und er pusht uns wo er nur kann.

HaMi: Vielen Dank für diese tiefen Einblicke in eure Arbeit. Wir wünschen euch alles gute für die Zukunft und hoffen, dass es bald wieder Anlässe gibt mit euch über eure Musik zu sprechen.

Für weitere Infos folgt einfach den Hitnapperz auf facebook.com/hitnapperz und instagram.com/hitnapperz

(Text: Hallo Minden | Fotos: Hallo Minden u. Artur Wiens)

Das ist auch interessant:

Sperrungen und Einschränkungen in Minden

Mann schießt mit Gewehr im Wiehengebirge um sich

Geschwindigkeitskontrollen im Mühlenkreis

Besondere Stadtführung: Unterwelt Bad Oeynhausens