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Ehrenamtliche engagieren sich in der Flüchtlingshilfe

Minden -

Ehrenamtliche engagieren sich in der Flüchtlingshilfe

Die weltweiten Migrationsbewegungen sind auch in Ostwestfalen zu spüren. In den vergangenen Monaten kamen neben Familien auch alleinreisende Männer in Minden an. Sie sind in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht und werden von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern unterstützt. Ein gemeinsamer Aufruf der Kirchengemeinde St. Marien und dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) gab den Ausschlag sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. Gesucht wurden Freiwillige, die die Asylsuchenden in Minden begleiten und ihnen helfend zur Seite stehen.

Wie richtig beginnen? Was sind die ersten möglichen Schritte und wer kann sich in welchem Bereich einbringen? – alles wichtige Fragen, die bei der Veranstaltung beim Ortsverein des DRK auf der Tagesordnung standen. Rund 30 Personen nahmen daran teil. Aus diesem ersten Treffen ist mittlerweile ein Kernteam von rund 20 Personen geworden, das sich ehrenamtlich für zugewiesene Flüchtlinge engagiert. Der Helferkreis wächst von Woche zu Woche, weil Freunde, Nachbarn und Arbeitskollegen dazukommen.

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Der Einstieg in das ehrenamtliche Engagement begann mit einer Ortsbegehung in der Unterkunft. „Uns war sofort klar, dass wir bei den wesentlichen Dingen des Lebens, wie Verständigung oder Sauberkeit, unterstützen wollen“, berichtet eine der Freiwilligen. So ist gemeinsam die Küche aufgeräumt worden, um miteinander zu Kochen. „Einige der jungen Männer kommen aus Kulturkreisen, bei denen es normal ist, dass die Frau das Essen zubereitet. Das war eine Umstellung jetzt selbst am Herd zu stehen“.

Aber die Männer waren mit Begeisterung dabei, sodass der Koch-Abend zu einem festen Angebot in der Sammelunterkunft geworden ist. Gemeinsam etwas schaffen und an einem gedeckten Tisch sitzen, stärkt nicht nur das Gemeinschaftsgefühl, sondern vermittelt kulturelle und soziale Werte. „Wir geben einen Anstoß und wollen erreichen, dass die Menschen sich selbst helfen. Wir versuchen geduldig zu vermitteln und beantworten Fragen auch mehr als einmal“, so einer der Helfer.

Die Methode „Learning by Doing“ hat sich bei den Ehrenamtlichen durchgesetzt. Mit einem fertigen Konzept konnte niemand dienen, also wurde ausprobiert, gehandelt, verändert und wieder verworfen. Herausgekommen sind einfache, aber wirkungsvolle Hilfestellungen. Die Kommunikation mit den Bewohnern ist der Schlüssel zu allem. „Wir haben das Ohr immer an den Leuten. Wir sind Ansprechpartner für viele Fragen des alltäglichen Lebens“, sagt eine der Engagierten. So wird sich manchmal mit Händen und Füßen verständigt, wenn Englisch- und Französischkenntnisse nicht mehr weiterhelfen.

Ehrenamtliche engagieren sich in der Flüchtlingshilfe

Damit sich die jungen Männer außerhalb der Unterkunft verständigen können, haben die Ehrenamtlichen einen Deutschkurs auf die Beine gestellt. In fünf Gruppen, an fünf Tagen in der Woche lernen die Bewohner deutsche Worte und Grammatik. Die 60 Minuten Unterricht gestalten unterschiedliche Lehrer – das fängt bei der Abiturientin an und hört beim Rentner auf. Mindestens zwei Lehrer betreuen eine Gruppe. Die Gruppe beginnt die Unterrichtstunde gemeinsam. Später wird nach unterschiedlichen Leistungsniveaus unterrichtet, damit bei den Fortgeschrittenen keine Langeweile aufkommt und sie den Kurs auch weiterhin besuchen. „Es kommt auch vor, dass wir alle gemeinsam ein Lied singen. So prägen sich die neuen Worte leichter ein“, verdeutlicht eine der Deutschlehrerinnen.

Hilfe zur Selbsthilfe ist das Motto der Fahrradausgabe. Die Ehrenamtlichen machen gespendete Fahrräder verkehrssicher, sodass die Bewohner nicht auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen sind. Jeder, der ein Rad bekommt, erhält passendes Werkzeug und Flickzeug. Wenn Reparaturen an dem Rad notwendig sind, sollen die Bewohner in der Lage sein, diese eigenständig zu erledigen. Die Kreispolizeibehörde bildet Ehrenamtliche zu Trainern aus, um die Flüchtlinge bei einem Verkehrs-Sicherheits-Training zu unterstützen. Sie erklären wichtige Regeln im Straßenverkehr. Zukünftig soll dieser Bereich durch weitere Helferinnen und Helfer ausgebaut werden.

Als richtig und wichtig hat sich das Patenschafts-Modell herausgestellt. Zwei Ehrenamtliche sollen die Patenschaft für ein Zimmer in der Sammelunterkunft übernehmen. Paten sind Wegweiser. Das Leben und die Kultur in Deutschland ist noch fremd. Die Gewohnheiten in der neuen Umgebung sowie die Dinge des täglichen Lebens erklären oder einen Arztbesuch organisieren – das machen die Paten. Er oder sie ist auch Ansprechpartner und Kümmerer. Die freiwillig Engagierten haben mit der Zeit ein gutes Gespür dafür entwickelt, wie sie auf die Bewohner zugehen. Sie wissen, wie die jungen Männer anzusprechen sind.

„Das freiwillige Engagement ist nicht immer leicht, es gibt viel zu tun und manchmal passiert es, dass aus einem eigentlich kurzen Besuch ein ganzer Abend wird“, sagt einer der Engagierten. Aber die Freiwilligen bekommen auch viel zurück. Zu einigen ehemaligen Bewohnern besteht immer noch ein guter Kontakt. Trifft man sich in der Mindener Innenstadt, freuen sich beide Seiten ein vertrautes Gesicht wiederzuerkennen. „Es sind besondere Beziehungen entstanden, die ich auf gar keinen Fall missen möchte. Das ehrenamtliche Engagement in der Gemeinschaftsunterkunft hat meinen Blick auf Flüchtlinge verändert – es gibt nicht mehr nur „die Flüchtlinge“, sondern jeder ist eine eigenständige Person. Ich gehe jetzt mit offeneren Augen durch die Welt“, fasst einer der Helfer zusammen.

(Text: Stadt Minden; Fotos: © Martina Höfel)

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