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Kein Abschluss wie jeder andere

Minden-Lübbecke -

Lange mussten die 37 Absolventen des Abschlussjahrgangs 2020 warten, bis sie ihr bestandenes drittes Staatsexamen feiern konnten – die letzte große Prüfung des Medizinstudiums nach Ende des Praktischen Jahres.

Lange mussten die 37 Absolventen des Abschlussjahrgangs 2020 warten, bis sie ihr bestandenes drittes Staatsexamen feiern konnten – die letzte große Prüfung des Medizinstudiums nach Ende des Praktischen Jahres. Was bereits für Januar dieses Jahres geplant war, musste mehrfach verschoben werden und konnte erst jetzt nachgeholt werden, und auch das nur dank sinkender Inzidenzen und besonders sorgfältiger Vorbereitung durch das studentische Orga-Team in Zusammenarbeit mit dem Institut für Krankenhaushygiene.

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Ihre Zeugnisse hatten die ehemaligen Studierenden am Medizin Campus OWL also längst in der Tasche. Sie arbeiten inzwischen an Kliniken in ganz Deutschland, engagieren sich in Impfzentren oder schreiben an ihren Doktorarbeiten. Nun kamen sie doch noch einmal im Campusgebäude des Johannes Wesling Klinikums in Minden zusammen, feierten ihr Wiedersehen und ihr Examen und blickten auf die gemeinsamen Jahre in Minden, Lübbecke, Bad Oeynhausen und Herford zurück.

Ehrengast war die Landrätin des Kreises Minden-Lübbecke und Vorsitzende des Verwaltungsrates der Mühlenkreiskliniken, Anna Katharina Bölling. Sie musste bei dieser Gelegenheit an eine andere Abschlussfeier denken, wie sie sagte – ihre eigene Magisterfeier. „Ich war stolz, den Abschluss zu haben, mir war bewusst, dass ein Lebensabschnitt zu Ende war und ich war durchaus unsicher, was nach diesem Abschnitt passieren würde, aber ich war bereit, in die Welt hinauszugehen. Das war ein sehr schönes Gefühl, an das ich mich gern erinnere.“ Viele der Absolvent*innen erlebten das wahrscheinlich gerade ähnlich, vermutete Bölling.

In Zeiten von Corona seien das Studium und das Praktische Jahr in vielerlei Hinsicht anders als geplant verlaufen, mit mehr Distanz und Vorsicht. Auch die Prüfungen hätten in verkürzter Form an einem einzigen Tag stattfinden müssen, „aber wie ich heraushöre, waren darüber nicht alle von Ihnen traurig“, konstatierte Bölling humorvoll. „Trotz aller Herausforderungen haben Sie das vergangene Jahr sowie die Prüfungen hervorragend gemeistert, dazu kann ich nur gratulieren.“

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Ausdrücklich dankte sie den Ärztinnen und Ärzten, die in den Prüfungskommissionen im Einsatz waren, der Lehrkoordination und den Fachvertretern des Medizin Campus OWL. „Der Medizin Campus OWL ist eine Bereicherung für den Kreis Minden-Lübbecke und darüber hinaus. Das ist Ihr Verdienst“, betonte sie. Besonders freue sie sich als Landrätin darüber, dass „der sogenannte Klebeeffekt des Bochumer Modells funktioniert.“ Denn mehr als die Hälfte der Studierenden dieses Jahrgangs hatte sich dafür entschieden, nach dem klinischen Teil des Studiums auch das Praktische Jahr an den Mühlenkreiskliniken zu absolvieren. Und gut jeder Vierte von ihnen bleibt nun als Arzt/Ärztin im Kreis Minden-Lübbecke.

Glückwünsche zum erfolgreich abgelegten Examen kamen auch von Prof. Dr. Günther Winde vom Klinikum Herford, von Univ.-Prof. Volker Rudolf als Vertreter des HDZ NRW Bad Oeynhausen sowie von Prof. Dr. Bernhard Erdlenbruch und Prof. Dr. Jörg Radermacher aus dem Johannes Wesling Klinikum Minden. Nach den Dozenten hatten die ehemaligen Studierenden das Wort. Hilke Jung verschwieg nicht, dass die Aussicht, einen Teil des Studiums in Ostwestfalen verbringen zu müssen, nicht bei allen auf Anhieb für Begeisterung gesorgt habe. Was sie jedoch dann in Minden und an den anderen Studienorten vorgefunden hätten, seien „unglaublich motivierte Lehrende und Mitarbeiter“ gewesen, „die Lust auf Studenten hatten – und das ist alles andere als selbstverständlich.“

Ja, der Klebeeffekt habe bei den Mühlenkreiskliniken tatsächlich gut funktioniert, fügte Eva Deventer hinzu. Aber das Modell Satellitencampus sei trotzdem kein Selbstläufer. Entscheidend für den Erfolg sei vielmehr, „das Ganze mit Leben zu füllen. Und das liegt an vielen Einzelnen, die mit ganz viel Engagement an die Sache herangehen“. Beispielhaft nannte sie Prof. Dr. Jörg Radermacher, Simone Schwier-Schach, Claudia Weber und Gudrun Witting aus der Lehrkoordination, die „Herz und Seele des Campus“ seien: „Das hat kein anderer Satellitencampus in Deutschland.“

„Wir wollten, dass Sie hierherkommen“, so einfach brachte Prof. Dr. Jörg Radermacher, Leiter der Lehrkoordination am Medizin Campus OWL und Direktor der Klinik für Nierenheilkunde und Bluthochdruck am JWK, den Kerngedanken der Medizinerausbildung am Medizin Campus OWL auf den Punkt. Die Entwicklung spreche für sich: Sowohl die Anzahl der Studierenden, die sich bewusst für Minden entschieden, als auch die Anzahl derer, die hier ihr Praktisches Jahr absolvierten, steige; der Klebeeffekt habe dem Kreis neue Ärztinnen und Ärzte beschert, und die Studierenden hätten sich auch in anderen Bereichen als Segen für die Region erwiesen – mit der „Teddybärklinik“, als Hilfskräfte im Krankenhaus und im Kampf gegen die Corona-Pandemie.

Und was macht das Studium in Minden nun so besonders? Das persönliche Verhältnis der Dozenten zu ihren Studierenden, so lautete jedenfalls Prof. Dr. Bernhard Erdlenbruchs Fazit, der als Fachvertreter für das Pflichtfach Kinderheilkunde und Direktor der Mindener Universitätsklinik für Kinder- Jugendmedizin sprach. „Ich bin seit 15 Jahren in Minden und war vorher in Göttingen. Da haben jedes Semester 180 Studierende angefangen und es war unendlich schwierig, individuelle Probleme zu besprechen. Das ist hier in Minden anders – wir haben es mit 60 Studentinnen und Studenten das ganze Jahr zu tun.“

Anknüpfend an eine Bochumer Tradition überreichte er zum Abschluss der offiziellen Feier mit Prof. Dr. Radermacher allen Absolvent*innen eine Ausfertigung des Hippokratischen Eids, außerdem als ganz besonderes Geschenk der Mühlenkreiskliniken ein Kunstwerk, das der Bildhauer Peter Paul Medzech in limitierter Auflage für diesen Anlass gefertigt hatte: ein stilisiertes Abbild des Kaiser-Wilhelm-Denkmals, das die ehemaligen Studierenden „an den heutigen Tag und an den Kreis Minden-Lübbecke erinnern soll“, wohin auch immer es sie in Zukunft auch verschlagen möge, so Erdlenbruch.

Studium am Medizin Campus OWL:

Seit dem Wintersemester 2016/17 absolvieren pro Jahrgang 60 Studierende der Ruhr-Universität Bochum den klinischen Teil ihres Medizinstudiums am Medizin Campus OWL.

Im Rahmen des Bochumer Modells findet die praktische Ausbildung im Klinikum Herford, dem Herz- und Diabeteszentrum NRW Bad Oeynhausen, in der Auguste-Viktoria-Klinik Bad Oeynhausen, im Medizinischen Zentrum für Seelische Gesundheit in Lübbecke sowie im Johannes Wesling Klinikum Minden statt.

Die Theorie wird im 2016 eigens dafür errichteten Hörsaalgebäude am Mindener Universitätsklinikum gelehrt.

Ende 2020/Anfang 2021 haben insgesamt 37 Studierende ihre Prüfungen an den Mühlenkreiskliniken absolviert, allesamt erfolgreich: 33 am Johannes Wesling Klinikum Minden, drei an der Auguste-Viktoria-Klinik in Bad Oeynhausen und eine Studierende am Medizinischen Zentrum für Seelische Gesundheit in Lübbecke.

In der Region als Ärzte geblieben sind:

Karlo Hünerbein: Anästhesie

Niklas Mohr: Kinderheilkunde

Maria Hadjichristodoulou: Neurochirurgie

Alexandra Beier: Neurologie

Jan Boriesosdick: Radiologie

Paul Drzeneski: Innere Medizin/Geriatrie

Eva-Karolina Krämmel: Urologie

Eva Deventer: Innere Medizin/Onkologie

Paula Lünswilken: Innere Medizin/Gastroenterologie

sowie Florian Schaudig: Corona-Testzentrum

(Quelle und Fotos: Kreis Minden-Lübbecke)

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